Nach einem anstrengenden Tag zwischen sonnen und baden, sitzen wir noch unterm Hafenmeisterbüro und schauen ein wenig gelangweilt dem Treiben im Eingangsbereich der Messe zu.
„Wo geht’s denn hier zum Hafenmeister?“ will ein Gast wissen. Äh, Hafenmeister? Haben wir nicht! Wir haben was Besseres, denke ich im Stillen, eine Hafenmeisterin. Und schon bin ich beim Streit um Sprache und Geschlecht. Die SVC hat ein Hafenmeister-Büro, eine Hafenmeisterin und einen Stellvertreter der Hafenmeisterin, also einen Hafenmeister. Na also, geht doch.
Das Hilfegesuch eines Gastes unterbricht plötzlich unsere Gesprächsrunde: „Das Papier auf der Toilette ist weg“. Ronald Griebenow, der Stellvertreter der Hafenmeisterin, der heute Abend Dienst hat, meistert das Problem dann ohne zu murren.
Wenig später folgt ein zweiter Hilferuf: „Die Damentoilette ist besch………, („verschmutzt“)“.
„Das („…..“ ) steht in meinem Arbeitsvertrag aber nicht drin! Das ist ein anderes Gewerk“, stellt der Hafenmeister, - ein wenig blass um die Nase - erschrocken unter den Augen der mitleidig blickenden Seglerkameraden/innen fest. Gummihandschuhe an, wo finde ich einen Schrubber? dann geht’s tapfer ans Werk.
Ein einzelnes Tagesereignis eines Hafenmeisters (das aber leider kein Einzelerlebnis ist!).
Nun wird mir klar, woher der Name „Hafenmeister“ kommt. Nicht weil der Meister einen Ausbildungsgrad bezeichnet, sondern weil er (fast) alle möglichen und unmöglichen Herausforderungen meistert!
Und es sind viele, sehr viele Aufgaben, die im und um den Hafen zu meistern sind (- und manchem heimischen Hafenlieger gar nicht recht bekannt sind - solange eben alles gut läuft.)
Wir fragten Petra - eine der wenigen Hafenmeisterinnen an Deutschlands Küsten - nach ihren Aufgaben und Tätigkeiten:
Liegeplätze im Bedarfsfalle zuweisen, falsch geparkte Schiffe „umlegen“, Bezahlautomatenauskunftei, Geld entgegen nehmen, Abrechnung erstellen, Liegegeld-Kontrolle, Auskunftsbüro für Fremdlinge, Beschwerdestelle, Klönstube, Parkkartenausgabe , Schließerin für Bootsrampe , Computer füttern, Tankstellenüberwachung/Ölentsorgung, Chefin über die Müllentsorgung , Arbeitsdienstliste führen, Liegegeldpreller an den nächsten Hafen melden usw.
Auf dem Rasenmäher haben wir sie auch schon gesehen. Vielleicht lässt sich in dieses Arbeitspensum ja noch das Trompete-Spielen einbauen, um den Tag für die lieben Freizeitskipper abzublasen?
Dafür hat sie dann auch ein besonderes Privileg: Sie darf als einzige auf dem Schlängel mit dem Fahrrad fahren.
Doch eine Aufgabe ist besonders wichtig: Die Gastbetreuung, freundlich, dem Gast zugewandt, Auskunft geben über A bis Z, Geschichten geduldig anhören, von Unwetter in der Karibik bis zum Windelwechsel eines Kleinkindes oder ähnliches. Ein Sammeltopf von banalen bis unglaublichen Erlebnissen.
Da der Hafen der SVC am Tidegewässer liegt, d.h. die Flut spült die Schiffe in den Hafen, die Ebbe trägt sie wieder hinaus, fallen schon mal Arbeiten und Zeiten an, außerhalb der Hafenmeisterbürozeiten, so dass man Petra in den Abendstunden noch auf dem Schlängel rumwuseln sieht.
Mit viel Humor und Entschlossenheit erledigt die doch recht zarte, aber entschlossene Frau kompetent, freundlich, zupackend, all diese Aufgaben. Und sie weiß sich Respekt zu verschaffen. Gegen die Dickfälligen, die es ja leider auch gibt, hat sie einen starken Verbündeten: Den Klabautermann! Der hat bislang immer geholfen. Und wenn nicht, erledigt sie es selber.
Ist der Tag endlich beendet, weiß sie schon was sie getan hat!
Damit ihr Privatleben nicht immer zu kurz kommt, steht nach sechs Tagen Ronald Griebenow für zwei Tage im Hafenmeisterbüro.
Ein kleiner Blick in ihr Privatleben sei gestattet: Petra pflegt u.a. ihr Wohnmobil mit dem sie die Winterferien beim Surfen an der Atlantikküste in Spanien verbringt. Und wer mit seiner Motorjacht durch die Straße von Gibraltar fährt, sollte darauf achten, dass er sie nicht umfährt, sondern einfach umfährt – ganz weit.
Ein Schlusswort sei gestattet. Wir sind froh, diese Hafenmeisterin zu haben. Danke!
Was macht eine Hafenmeisterin auf dem Dach eines Wohnmobils?
Folker Weiss