Sommerreise der Segelyacht Charisma 2019


Nachdem wir unsere Charisma vor der Urlaubsreise aus dem Wasser gekrant hatten, um das Unterwasserschiff zu streichen, wurden wir einen Tag vor der Abreise wieder ins Wasser gesetzt. Tags drauf, am 09.07 2019, hieß es um 16.15 Leinen los und  bei Nordwest 5 bis 6 Bft  und Rauschefahrt ist Brunsbüttel zügig erreicht. Schnell in die Schleuse und ab in den Kanalhafen. 

Bei dem Versuch allerdings, als drittes Schiff längsseits gehen zu wollen, wurden wir angepöbelt und es wurde uns untersagt fest zu machen. Nach einer weiteren Runde durch den Hafen haben wir dann trotzdem längsseits einer 38 Fuß Segelyacht fest gemacht. Von Seemannschaft war allerdings nicht viel zu spüren. Diverse kleine Boote hatten die gesamte Pier belegt. Also war tun, wenn man etwas größer ist. Dirk hat seinem Unmut daraufhin laut Luft gemacht und unsere beiden Innenlieger gefragt, ob sie schon jemals auf Helgoland waren und dort ins Päckchen mussten. Von einem Segler des WSC-Helgoland, vor uns im Päckchen liegend, gab es darauf lauten Applaus und Gelächter.  

Tags drauf sind wir von Brunsbüttel nach Kiel. Dirk klagt die ganze Fahrt über Zahnschmerzen. Auch das noch. Der Urlaub fängt ja supi an. 

Beim Ablegen von der Bezahlstation Kiel-Holtenau wollten wir in die Schleuse verholen und stellten fest, dass wir keine Wirkung mehr beim Bugstrahlruder hatten, sondern lediglich einen ganz hohen Summton hörten. Die Vermutung, dass wir unsere 2 Tage vorher montierten Propeller verloren hatten, lag nahe. Aber, man hat ja auch gelernt ohne diese Hilfe zu manövrieren. Hoffentlich geht diese Pannenserie nicht weiter.

Dieses Problem musste aber erst einmal warten. Am nächsten Morgen haben wir in Kiel  erstmal einen Zahnarzt aufgesucht. 

Puh, endlich sind die Schmerzen weg. Dirk ist sofort zu neuen Taten bereit.

Schloss Kalmar
Schloss Kalmar

Weiter führt uns unsere Reise über Ortmühle, Klintholm nach Ystad wo wir in Anfahrt von mega Gewitter Türmen empfangen werden. Der Wind dreht um 180 Grad und Starkregen folgt. Wir sind froh den Hafen erreicht zu haben und bei dem starken Wind einen Liegeplatz ergattert zu haben. Nach Besichtigung der sehr niedlichen Innenstadt von Ystadt, segelten wir tags drauf weiter nach Simrishamn, übrigens wieder im  Gewitter. Bei relativ kühlen Temperaturen führt uns unsere Reise weiter über Sandhamn nach Kalmar. Tolle Wolkenbilder am Himmel erinnern allerdings eher an Herbst.

Das nächste Etappenziel heißt Ölands Norre Udde. Dort haben wir einen sehr geselligen Abend  mit der Besatzung der Segelyacht La Belle libre verbracht. Spät abends legte sich dann ein Schiff der  Küstenwache vor uns in die Ausfahrt. So konnten wir gut bewacht die Nacht verbringen. Nach dem Auslaufen bei östlichen schwachen Winden brutzelt die Sonne von oben auf uns herab. Mittags gab es selbstgemachte Spaghetti Bolognese. Im Vorwege habe ich diverse Gläser mit Braten, Gulasch, Rouladen und Bolognese eingeweckt. Das hat sich die letzten Jahre sehr bewährt und das Portemonnaie geschont.

Weiter geht es am nächsten Tag nach Ankarudden, wo wir in einer traumhaften Abgeschiedenheit in einem ganz tollen Restaurant direkt am Hafen gegessen haben. Kann man nur empfehlen!

Bei unserem nächsten Stopp in Nynäshamn kommt der Eigner von  einer großen Moody 54 auf uns zu. Schnell entwickelt sich ein sehr nettes Gespräch. Wir können von ihm schwedische Karten abkaufen. Übrigens war er mal dritter der Europameisterschaften im Finn Dinghi.

Von Nynäshamn sind wir am nächsten Tag bei brutaler Hitze mit dem Zug nach Stockholm gefahren. Man wird es nicht glauben, aber mitten in der Haupteinkaufsstraße haben wir Segelfreunde, einen Urologen mit seiner Frau aus Greifswald, getroffen.

Eigentlich sind die Beiden schon auf der Rückreise, aber wir können sie überreden mit uns durch den wunderschönen Schärengarten Schwedens nach Sandhamn/Sandön im Nordosten Stockholms zu segeln. 

Die Tangaroa und die Charisma machen allerding gegenüber auf der kleinen Insel Lökholmen fest. Es sollte ein sehr schöner, feucht fröhlicher Abend mit tollen Gesprächen bei schönem Essen und traumhaftem Sommerwetter werden.

Untiefe „Timmerman“
Untiefe „Timmerman“

Der nächste Morgen empfängt uns mit Hitze und Flaute. Beim Ablegen blieben wir mit dem Kiel in einer Mooringleine hängen und benötigten ein wenig Zeit bis wir wieder frei waren. Bei um die einer Windstärke war dann die eiserne Genua gefragt. Dank des Ententeiches gab es ein opulentes Mittagsmahl in Form von Kartoffeln, Sauerkraut und Rouladen mit leckerer Soße. Sehr zu unserem Erstaunen führte unsere Route über die Untiefe „Timmerman“.

Das Steuerrad der "Pommern" mit der "Charisma" im Hintergrund
Das Steuerrad der "Pommern" mit der "Charisma" im Hintergrund

Zweieinhalb Stunden später konnten wir dann bei 2 bis 3 Bft endlich  Segel  setzen und Richtung Mariehamn segeln, wo wir um 19:15 Uhr die  4 Mast-Bark Pommern passieren und kurze Zeit drauf dann im Westhafen von Mariehamn die Leinen fest machten. 

Nachdem wir die Stadt und die Sehenswürdigkeiten bewundert hatten, keimte bei Dirk eine neue Idee auf. Tallinn! Weiter nach Tallinn zu segeln, fand ich genial. Also nahmen wir bei schwachen Winden und tropischen Temperaturen Kurs auf  die kleine Insel Utö und weiter durch den Schärengarten Finnlands nach Hankö,  dem westlichsten Zipfel von Finnland, Liegegeld übrigens 65 Euro im privaten Teil des Hafens. Der kommunale Stadthafen hatte diverse Plätze auf besetzt  gekennzeichnet. Pech für uns.

Auf dem Weg dorthin bekommen wir Begleitung in Form der Küstenwache. Sie schoss in einem mega Tempo an unserem Bug vorbei und begleitet uns eine Zeitlang bis kurz vor Hankö. Nach dem Einlaufen in den Hafen sahen wir sie wieder. Sie haben anscheinend auf uns gewartet und verhielten, bis wir fest waren, fahren dann aber wieder weg. Über UKW war jedenfalls nichts zu vernehmen gewesen.

Tallinn, das Ziel unserer Reise haben wir am 28.07.19 abends um 18 Uhr erreicht. Ich hatte im Vorwege mit dem Hafenmeister von Kakumäe kontaktiert und gefragt ob wir reservieren müssten. 

Er verneinte dies und sagte wir sollen einfach kommen und er würde uns die Leinen annehmen. Ich hatte mich kurz vorher dann noch mal bei ihm gemeldet und als wir in den Hafen einlaufen sahen wir schon eine winkende Person an der Pier stehen. Er hat uns dann gleich die Leinen angenommen und danach sofort die Deutschlandflagge im Verein gesetzt. Es war ein ganz toller Empfang. Nebenbei bemerkt, läßt der Hafen nichts zu wünschen übrig. Einkaufen kann man bis 23:00, es gibt einen Bootsshop, ein Restaurant, eine Bar etc. Allerdings wird noch ein wenig weitergebaut.

Blick über die Altstadt von Tallinn
Blick über die Altstadt von Tallinn
Alexander-Newski-Kathedrale
Alexander-Newski-Kathedrale

Tags drauf hieß es dann Tallinn erkunden. Wir sind vom Kakumäe mit dem Bus in die Stadt gefahren und haben so  auch noch ein wenig von der Landschaft gesehen. Tallinn selbst ist eine sehr schöne Stadt. Schade nur, dass sich Heerscharen von Touristen durch die Innenstadt zwängen. 

Der Wetterbericht ließ für die nächsten Tage nichts Gutes verheißen. Es sollte sehr windig werden. Also verließ die Charisma am 30.07.19 um 9:40 Uhr bei Windstärke 4 bis 5 Bft den Hafen von Kakumäe, anstatt , wie eigentlich geplant, nochmal unsere Erkundungstour durch Tallinn fortzusetzen. Wir setzten Vollzeug. Es dauerte auch nicht lange und der Wind nahm zu und erreichte später die Stärke 6-7Bft. Also reffen!

Am Abend und nach 57,8 Meilen machen wir dann wieder in Hankö, dem westlichsten Zipfel Finnlands, fest. An dem Tag hatten wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 7,0 Knoten gesegelt. 

Diesmal hatten wir vorher angerufen, um im Kommunalhafen, der günstiger ist, zu reservieren.

Die Antwort des Hafenmeisters: Das wäre nicht nötig!!!

Beim Einlaufen das gleiche Szenario wie auf der Hinfahrt. Viele Plätze sind reserviert. Der Hafenmeister wies uns einen reservierten Platz zu und wollte 65,-Euro abkassieren. Als Dirk auf den Eintrag im Hafenhandbuch, eben deutlich günstigerer Hafen zu sprechen kam, antwortete Der Hafenmeister: Na gut, dann eben 35,-Euro.

Vielleicht sollten wir uns in der SVC unsere Preise mal anpassen. Hihi.

Auslaufen am nächsten Tag  bei 5 bis 6. Der Wind  nimmt langsam zu und unter 2 fach gerefftem Groß und kleiner Genua müssen wir bei Windstärke 8 Bft und steiler See stundenlang nach Utö aufkreuzen. Nach Einlaufen in den kleinen Hafen von Utö waren wir beide stehend ko und fielen einfach nur noch in die Koje. 

Tags drauf ging es wieder weiter Richtung Südwesten in den schwedischen Schärengarten. Nach mehreren Zwischenstopps, unter anderem in Lökholmen, sind wir in Flatvarp Fiskehamn, einem Minihafen, eingelaufen. 3 Liegeplätze hinter den Fischern und reichlich Natur.

Eine weitere Station unserer Reise Richtung Heimat führte uns nach  Oskarshamm. Mit dem letzten Büchsenlicht erreichten wir den Hafen und waren beide stark irritiert, das ein auf Tiefe  gegangenes Schiff, einen großen Teil der Einfahrt versperrte und lediglich durch zwei orangefarbene Fender-Kugeln gekennzeichnet war. Aber Gott sei Dank, hatten wir noch etwas Restlicht.

Bei stetigen kräftigen SW-Winden segelten wir über Kalmar, Sandhamn, Skillinge nach Ystad, wo wir abwettern mussten. Dirk durfte dort im Krhs mal das schwedische Gesundheitswesen erfahren. 550 Euro Einzahlung an der Rezeption und dann warten, warten, warten. 

An dem Punkt hatten wir dann auch verstanden, warum die Schweden mit vollen Fresskörben ins Krankenhaus gehen. Nach ca 6 h wurde uns dann mitgeteilt, dass nun die Ambulanz dicht macht und wir am nächsten Tag wieder kommen müssten. Einfach großes Kino. Ein Lob auf unser Gesundheitswesen!!!

Drei Tage später ließ der Sturm und der Seegang im Laufe des Tages nach und so verließ die Charisma Ystadt mit Ziel  Klintholm, wo wir bei stockfinsterer Nacht um 3Uhr ankamen. Der Hafen war in Finsternis gehüllt. Keine einzige Lampe außer unseren Posis. Nach 5 Stunden Schlaf wurde die Weitereise nach Gedser angetreten. Wind auf den Kopf und ziemlich Welle. Mal wieder kreuzen. Hätten wir geahnt, dass die Hansesail zu Ende war und gefühlt alle Schiffe nach Gedser segelten, hätten wir den Hafen sicher rechts liegen lassen. Kaum fest kommt ein 80t Traditionsschiff und will sich auf zwei Sportboote legen. Dirk und ein weiterer Skipper reagieren sofort und schreiten die Pier ab. Viel zu wenig Platz. Also ablegen, den Großen ran lassen und wieder fest machen. Kaum fest heißt es, es kommt ein noch größeres Schiff. Ich war mittlerweile schon mega angefressen. Also wieder ablegen.  Bei einem der An-und Ablegemanöver bei Wind der Stärke 7Bft von genau querab, verletzte ich mich am Bein. Nachdem wir, genervt von dem frequentierten Hafen waren, sind wir, nachdem wir nunmehr wieder von der Pier sollten, kurz entschlossen am Nachmittag ausgelaufen. Nach dem Queren der Kadett Rinne, Wind 6-7, wollte sich Dirk schon per Hubschrauber abbergen lassen, da es eine extreme Kreuzsee gab, die ein Vorwärtskommen in Richtung Fehmarn fast unmöglich machte. Auch unter Maschine ging gar nichts. 

Endlich, Stunden später erreichten wir nachts Ortmühle. 

Der dann letzte Teil unserer Reise von Heiligenhafen via Kiel, Brunsbüttel nach Cuxhaven verlief problemlos und wir erreichten die SVC nach 5 1/2 Wochen und 1650 sm. 

 

Elke Timmermann